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Tanz auf dem Gletscher
Engadiner Bergbahnen vereinen Diavolezza, Corviglia und Corvatsch zum größten
Skigebiet der Schweiz
Der Name des Skigebiets klingt furchterregend. "Diavolezza heißt Teufelin",
übersetzt Skilehrer Dumeng Josty und blickt amüsiert in besorgte Mienen. Bei der
Auffahrt mit der Gondel vorbei an einer 100 Meter steil abfallenden
Eiskletterwand gibt er Entwarnung: "Das schafft Ihr schon." Denn die Region am
Bernina-Pass im schweizerischen Graubünden ist nur nach einer schönen Fee
benannt, die der Sage nach einst liebeshungrige junge Männer in den Bergtod
lockte. Teuflisch ist allenfalls die Verlockung,
auf den fünf Kilometern
unterhalb des 3066 Meter hohen Sass Queder die vielleicht eine Abfahrt am Tag
zuviel anzugehen. Unten stellt ein Schlepplift eine Verbindung zum benachbarten
Lagalb her, an dessen 2893 Metern hoher Bergstation die für viele
anspruchvollste Piste des Engadins herabführt. "Heute geht hier keiner mehr
verloren", sagt Dumeng und zeigt auf die guten Markierungen der bestens
präparierten Pisten-Varianten. "Das klappt sogar bei Vollmond oder Glüna Plaina,
wie der hier heißt", gibt der drahtige Mittfünfziger gleichzeitig Nachhilfe in
Rätoromanisch. Der aus römischer Zeit stammende Dialekt ist hier noch
Amtssprache.
Eine zehn Kilometer lange gesicherte Gletscher-Tourenstrecke führt von der
Diavolezza nach Morteratsch. Im Schatten schneebedeckter Giganten wie Piz Palü
(3905 Meter), Piz Cambrena (3604) oder Piz Bernina (4049) liegend, kann sie
ebenfalls
die Zeit vergessen lassen. Das wäre allerdings fatal. Sowohl
Diavolezza, wo der höchstgelegene Jakuzzi Europas zum Bad einlädt, wie
Lagalb gehören zu keiner Skischaukel, die den Fahrer abends in seinen
Wohnort entlässt. Stattdessen enden die Routen an Parkplätzen und
Haltestellen, an denen Rhätische Bahn oder Skibus mit schweizerischer
Pünktlichkeit starten. Der Fahrpreis ist im Generalskipass des Engadin
St. Moritz Mountain Pool enthalten. Das Abonnement verschafft Zugang zu
den 58 Aufstiegshilfen, die schon ab 7.45 Uhr zu abwechslungsreichen
350 Pistenkilometern führen. Beim Tanz auf den Gletschern im größten
Skigebiet der Schweiz kommt jeder Freerider, Snowboarder oder
Genussskifahrer auf seine Kosten. Denn wo andernorts bereits die
Abfahrten beginnen, liegen hier erst die Talstationen. Das verspricht
Schneesicherheit in trockener Luft zum Teil bis Ende Mai.
Wer nicht mit dem eigenen Auto unterwegs ist, dem empfiehlt sich der Bus auch
zum Einstieg in den Corvatsch. Höher als auf dessen 3303 Meter hohe Bergstation
fährt keine Bahn im Mountain Pool. "Die Verankerungen halten", beruhigt Dumeng
seine Schüler, als die Gondel den Fels fast zu berühren scheint. Im "normalen"
Leben ist der Skilehrer im Baugewerbe tätig. Der alternative
Hubschrauber(hin-)flug zu Zweit würde etwa 350 Euro kosten, ein delikates
Drei-Gänge-Menü im Panoramarestaurant ist im Preis inklusive. Schwindelfreie
genießen von seiner Terrasse aus einen
traumhaften Blick auf den zugefrorenen St.-Moritz-See und gewinnen eine Ahnung davon, welche großartigen
Langlaufmöglichkeiten sich im Tal bieten. Nicht weniger als 200 Kilometer misst
das komplette Loipennetz, das den gemütlichen Klassikfahrer ebenso
zufriedenzustellen vermag wie den dynamischen Skater.
Dynamik verlangt jedenfalls der Einstieg in die alpinen Abfahrten des Corvatsch
(360-Grad-Video).
Deshalb bittet der Skilehrer seine Schützlinge erst einmal zur Aufwärmgymnastik.
Schmal, auf ewigem Gletschereis beginnend, verzweigen sie sich die Pisten auf
dem Weg ins 1500 Meter tiefer liegende Tal zu annähernd einem Dutzend
ausladender, meist "roter" Routen. Eine schwarze mündet nach neun Kilometern
direkt in einer Langlaufloipe am legendären Kempinski-Hotel in St. Moritz-Bad.
Und wer vom Corvatsch tagsüber nicht genug bekommt, kann sich von der
Mittelstation aus an drei Abenden in der Woche bis morgens um zwei Uhr austoben.
4200 Meter misst die längste Flutlichtpiste der Region. Discomusik aus der "Hossa"-Bar
gibt akkustisch Orientierung, ein herzhaftes Käse-Fondue in der gemütlichen
Alpetta-Hütte die nötige Kraft.
In seinem Restaurant-Komplex gegenüber auf der Corviglia hobelt Sternekoch
Reto
Mathis schwarzen Trüffel hauchdünn auf den Flamkuchen seiner illustren
Kundschaft. An guten Tagen, so heißt es, delektiere sich diese durchaus schon
einmal an bis zu 120 Flaschen Champagner und 3,5 Kilogramm iranischem Kaviar.
Aber es geht auch bescheidener. So finden sich die Spaghetti Bolognese noch für
zehn Euro und das Erfrischungsgetränk dazu für vier im Selbstbedienungsbereich.
"Nur von den ,Reichen und Schönen' können wir nicht leben", betont Dieter
Bogner, Marketingchef der Engadiner Bergbahnen. Dennoch hat sich eine ganze
Reihe von Nobel-Herbergen dieser Klientel in St. Moritz verschrieben.
Entsprechend ist auch das Angebot in Geschäften und Boutiquen im Zentrum, dem
allerdings eine liebevollere Architektur gegönnt wäre.
Die findet sich eher in den umliegenden Orten wie Maloja, Samedan, Silvaplana
und Celerina. Oder in Pontresina, wo sich auch das 150 Jahre alte
Grandhotel
Kronenhof harmonisch in das Dorfbild einfügt. Dank liebevoller Restaurierung,
exzellenter Küche und eines 2000 Quadratmeter großen Wellnessbereichs war es
2008 Hotel des Jahres in der Schweiz. Ringsherum warten zahlreiche
erschwingliche Ferienwohnungen auf den Gast, der, so Dieter Bogner, "den Wert
des Urlaubsangebots erkennt". Das besteht familienfreundlich neben dem Skifahren
auch aus Wandern mit und ohne Schneeschuh, Rodeln, Snow-Kiting, Curling,
Skeleton- und Bobfahren ebenso wie aus Skijöring oder Polo auf zugefrorenen
Seen.
Doch zurück auf die Corviglia. Von
"Mathis Food-Affairs" aus fällt der Blick auf
ein Pistennetz von fast 100 Kilometern Länge, Marke "Märchenhaft". "Fabulus",
wie der Einheimische sagen würde. Mit einigen davon bewirbt sich St. Moritz um
die alpine Ski-Weltmeisterschaft
im Jahr 2015. Die Gondelbahn zum 3057 Meter
hohen Piz Nair führt an dem Starthäuschen vorbei, aus dem sich Maria Riesch Ende
Januar ihrem Weltcup-Abfahrtssieg entgegenstürzte. Entspannter geht es beim "Chill
out riding" auf der Paradiso-Piste zu. Diese Initiative will Schneesportler
ermutigen, ihre Leidenschaft durchaus rasant, aber im Einklang mit der Natur
entspannt, rücksichtsvoll, sicher und bewusst auszuleben. Apropos ausleben:
Ausgeh-Tipps zum Apre-Geschehen gibt es im gutsortierten Skiverleih "Snow and
fun" in Celerina gratis. © Uwe Wahlbrink 2010
Anreise: Mit dem Auto sind es von
Münster aus über Würzburg, Ulm, Bregenz, Liechtenstein und Chur etwa 860
Kilometer. Auf den Autobahnen der Schweiz herrscht Mautpflicht. Mit der Bahn
über Köln, Karlsruhe, Freiburg und Zürich dauert die Fahrt etwa elf Stunden. Der
Flugplatz in Samedan ist zwar Airbus-tauglich, es gibt aber keine Linienflüge.
Preise: Sechs-Tage-Generalskipass ca. 235 Euro (Erwachsene) bzw. 157 für
Jugendliche (13 bis 17 Jahre), 81 Euro für Kinder (6 bis 12 Jahre), Tageskarten
ab 40 Euro (Erw.), Pauschale für 7 Tage Übernachtung in der Ferienwohnung inkl.
Skipass ab 241 Euro pro Person
Tipp: Sonnenuntergang beobachten und Kerzenlicht-Dinner im Restaurant
Muottas
Muragl (2456 m). Auffahrt mit der historischen Standseilbahn von der Talstation
zwischen Samedan und Pontresina über 718 Höhenmeter. Tagsüber Möglichkeit zur
Talabfahrt mit dem Schlitten.
Informationen: Engadin St. Moritz, Via San Gian 30, CH-7500 St. Moritz, Telefon
+41 81 830 00 01, Telefax +41 81 830 08 18, E-Mail
allegra@estm.ch,
www.engadin.stmoritz.ch
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