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Möwen begleiten ein Fischerboot an der norwegischen Küste bei der Insel Sommaroy

Joik und Bidas im Lawu

Zufrieden setzt Kjell Ove Hveding das Fernglas ab: „Da sind sie”, ruft der Norweger knapp und zeigt auf ein Dutzend spitze Rückenflossen. Ein wenig Stolz schwingt in seiner Stimme mit. Zu Recht, denn bei der Ausfahrt der gut beheizten „Skaaskjær“ vor einer guten Stunde in den eiskalten Nordatlantik hat er seinen Fahrgästen „hundertprozentig“ Wale versprochen.
„Pifff, pifff“ – kleine Sprühwasserfontänen stehen über den Meeressäugern, bevor diese nach dem Luftholen mit krummen Rücken und anmutig abgewinkelten Schwanzflossen fast lautlos wieder in den grauen Fluten verschwinden. Obwohl es bereits Mittag ist, reicht das Büchsenlicht so gerade aus, um die schwarz-weiß gefleckten Orcas zu fotografieren. Denn in der Polarnacht von Ende November bis Ende Januar schafft es die Sonne dort oben bei Tromsö täglich nur für kurze Zeit bis knapp unter den Horizont. Wale beim Fressen

Während Hveding noch erklärt, dass die Orcas Heringsschwärme mit einem Netz aus Luftblasen über sich zum Fressen zusammentreiben, durchbrechen auch schon acht gewaltige Wal-Köpfe mit weit aufgerissenen Mäulern die Wasseroberfläche. Danach fallen sie mit lautem Platschen zurück. „Jetzt haben sie ihr Dinner beendet“, erläutert Hveding und gibt das Zeichen zur Rückfahrt.
Entspannt können die 20 Passagiere jetzt die Schönheit der nordnorwegischen Landschaft auf sich wirken lassen. Vorbei an steil aus dem Meer aufragenden Felsen, dunklen Wäldern und schmalen Fjorden rauscht die „Skaaskjær“ ihrem Heimathafen auf der Insel Sommarøy entgegen. Möwenschwärme belagern kleine Fischerboote, hoch oben am Himmel ziehen Seeadler majestätisch ihre Kreise. Kaum zu glauben, dass die schneebedeckten Berge dort mitunter U-Boot-Bunker oder andere Nato-Einrichtungen in sich verbergen können.

Walsafaris sind eine behutsame Art des Umgangs mit der Natur in einer Region, deren wichtigster Wirtschaftszweig der Fischfang istLutefisk. Tonnenweise trocknet dort im eisigen Seewind der Kabeljau, der als „Stoccafisso“ oder „Bacalao“ in Südeuropa gefragt ist. Die Norweger selbst bevorzugen ihn eingeweicht als „Laugenfisch“ mit Erbsenpüree, Kartoffeln, Speck, Senf, süßem Sirup und Streifen vom nach Karamell schmeckenden Ziegenkäse „Geitost“. So jedenfalls wird der „Lutefisk“ vor Weihnachten im malerischen Sommarøy-Arctic-Hotel serviert, bevor sich die Gäste, häufig Sportfischer, nach einem kräftigen Aquavit draußen Polarlicht über Sommaroydem Zauber des Nordlichts am Himmel über ihren Köpfen hingeben.

Die Uferlinie ein paar hundert Meter weiter brennt in der Halle der Firma Havgull noch Licht. Nachbarn helfen Kristin und Kristjon DanKristjon Daniel Bergmundsson mit Klippfischiel Bergmundsson gerade beim Verpacken ihrer Ware. Offenbar haben die beiden Existenzgründer mit Chips aus Klippfisch eine Marktlücke entdeckt und kommen mit dem Liefern der eiweißreichen Snacks ins nahe gelegene Tromsö kaum nach.

Vom „Tor zum Eismeer“ aus, wie die 72 000 Einwohner zählende Stadt auch genannt wird, sind so berühmte Forscher wie Fridtjof Nansen und Roald Amundsen zu ihren Arktis-Expeditionen aufgebrochen. Klar, dass es dort von Superlativen der Marke „nördlichste“ nur so wimmelt: Kathedrale, botanischer Garten, Bierbrauerei und auch die Universität sind jeweils die letzten vor dem Nordpol. Die Tromsö, hinten rechts die Eismeerkapellemehr als 9000 eingeschriebenen Studierenden verleihen der nördlichsten Metropole Jugend und internationales Flair. Zahlreiche Cafés, exzellente Restaurants, Hotels von einfach bis luxuriös, Bars und kulturelle Events sorgen für Abwechslung. Richtig dunkel ist selbst die Polarnacht nicht, wenn der Schnee das restliche Licht reflektiert.

Welch ein Kontrast bietet sich zum quirligen Tromsö 350 Kilometer weiter südlich auf den Vesterålen, Norwegens größter Inselgruppe. Dort heißt Laila Siida ihre Gäste im Lawu, dem traditionellen Zelt der Samen, mit einem „Joik“ willkommen. Dieser Gesang erinnert an indianische Musik. Samen sind eine eingeborene Volksgruppe, deren geschätzt 90 000 Menschen auch Teile Schwedens, Finnlands und RusslandsLaila Sami Siida bei der Brauchtumspflege bewohnen. Die meisten betreiben Fischfang und Landwirtschaft, nur noch wenige die Rentierhaltung wie Arild Inga, Lailas Mann. Ob er mehr Tiere als die amtlich erlaubten 600 besitzt? Laila weiß es nicht: „Die Natur gibt, die Natur nimmt“, schmunzelt sie vielsagend. Die Empfänge im Lawu, bei denen der schmackhafte Eintopf „Bidas“ aus Rentierkeule, Möhren und Sellerie über dem Lagerfeuer köchelt, und der Verkauf von Fellen, Schuhen und Messern helfen beiden, das Tierfutter zu finanzieren.

Han Sylte

Getrocknetes Herz bei Hjerttind ReinDie Regierung fördert solche Kleinunternehmen wie Havgull und Siida, die Metzgerei Hjerttind Rein in Sørreisa – Spezialität: getrocknetes Rentierherz – oder die lokale Brauerei Bådin in Bodö, um die Abwanderung der Bevölkerung in den von milderen Klima begünstigten Süden zu stoppen. Bestmögliche Straßenverbindungen, regionale Fähr- und Fluglinien sowie die gern von Touristen genutzte „Hurtigruten“-Küstenschifffahrt sollen auch Firmen wie der Möhrenmarmeladenmanufaktur „Han Sylte“ in Maya DaljordHåvard oder Restaurantbesitzerin und Schafzüchterin Maya Daljord in SortlandBrauerei Badin ein besseres Auskommen innerhalb des Polarkreises ermöglichen.©

Der Saltstraumen bei Bodö gilt als einer der spektakulärsten Angelplätze Nordnorwegens. Mit bis zu 40 Stundenkilometern schießt das Wasser beim Wechsel von Ebbe und Flut durch die Meerenge und mit ihm jede Menge Futterfisch für die „Großen“ wie Kabeljau und Köhler. Reiner könnte Meersalz dort, am stärksten Gezeitenstrom der Welt, nichtArctic Salt gewonnen werden, hat sich Tore Hongset gedacht. Inzwischen beliefert seine Firma Arctic Salt Geschäfte im ganzen nordnorwegischen Raum mit kleinen nummerierten, handsignierten salzkristallgefüllten Weckgläsern.

Dass die Feinschmecker der Region damit auch die „Gulloye“ würzen, ist mehr als wahrscheinlich.. Das „Goldauge“ ist nämlich das Spitzenprodukt der Kartoffelproduktionsgenossenschaft „Tromspotet“ in Finnsnes. Ihr verdanken zahlreiche Bauern in der kargen Landschaft ihre Existenz. Der schmackhafte Stärkelieferant wird in ganz Nordnorwegen vertrieben und kommt auch in guten Restaurants auf den Tisch. Davor steht aber eine Kraftanstrengung: In nur 90 Tagen reift das Goldauge in der Mitternachtssonne von der Aussaat bis zur Ernte. © Uwe Wahlbrink 02/2016

Hurtigruten-Schiff Nordlys

Nordnorwegen-Infos

An- und Einreise: Mehrmals täglich fliegen die Fluggesellschaften Lufthansa, Skandinavian Airways oder Norwegian von Frankfurt, Berlin und München direkt nach Oslo. Auch wenn man zum Weiterflug ins Inland durchchecken kann, müssen Passagiere in Oslo mit ihrem Gepäck durch den Zoll und es erneut aufgeben sowie die Sicherheitsschleuse passieren, da Norwegen nicht der Europäischen Union angehört. Innerhalb Norwegens fliegen Skandinavian, Widerøe und Norwegian ab Oslo mehrmals täglich nach Tromsø oder Bodø, teilweise mit Zwischenstopps. Die Flugpreise variieren je nach Airline zwischen 200 und 600 Euro für Hin- und Rückflug.
Währung: ein Euro sind rund zehn norwegische Kronen.
Tipp: Das„Roast Restaurant“ im 17. Stockwerk des „Scandic Havet Hotel“ in Bodø mit herrlichem Blick über den Hafen und die nordnorwegische Küstenlandschaft. http://roastfood.no/bodo/meny-bodo/
Informationen im Netz: www.visitnorway.com
www.northernnorway.com

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